Samstag, 17. Oktober 2009

Wolfsgeheul


Zum ersten Mal hatte ich die sicheren Mauern von Archet verlassen. Die Landschaft außerhalb erinnert mich leicht ans Auenland: Satte, grüne Wiesen, gutes Weideland, aber weniger Hügel. Richtung Süden konnte ich die Ruinen von "Bronwes Torheit" erkennen. Diesen Ort hatte mir Celandine genannt, dort sollte ich nach dem Königskraut suchen. Doch zuerst wandte ich mich nach Westen, um auf dem Hof mit Dirk Schlammziegel zu sprechen. Amdir hatte mich gebeten, dem Auftrag von Farnbach nachzukommen und mich der Wolfsplage anzunehmen. Dies sei eine gute Übung für mich; schließlich könne ich dabei auch so manches Fell ergattern, das sich in Archet verkaufen ließe. Viele Schafe gibt es nicht mehr auf dem Hof, das ist deutlich zu sehen. Sie sind zwar gut bewacht, aber die Wölfe werden immer aufdringlicher, wenn man sie nicht bekämpft. Sie kommen schon ganz nah an den Zaun heran.

So brauchte ich auch nicht weit zu laufen, bis ich meinem ersten Gegner im Wolfspelz gegenüber stand, einem knurrenden Dämmerwolf. Sein schreckliches Geheule ließ mir für einen Moment mein Blut in den Adern erstarren. So musste es einst auch unseren Vorfahren gegangen sein, wenn in rauhen Wintern die Wölfe über die Nordgrenze ins Auenland eingefallen waren.

Noch hatte mich das Tier nicht bemerkt. Langsam pirschte ich mich näher heran, so nahe, dass ich zum ersten Mal den neu erlernten durchdringenden Schrei einsetzen konnte. Und so nahm ich all meinen Mut zusammen und schrie dem Tier meine ganze Wut entgegen. Sofort sprang es mit gefletschten Zähnen auf mich los und knurrte mich an, doch ein kräftiger Schlag mit meinem Streitkolben reichte aus, um das grimmige Tier zu töten. Hurra! Ich hatte einen großen ersten Sieg errungen. Mit Freuden zog ich dem leblosen Körper sein graues Fell über die Ohren - eine gute Beute für wärmende Wintermäntel. Durch solche Kühnheit gestärkt, stürzte ich dem nächsten Wolf entgegen. Dieser war ein stärkerer Gegner. Er schaffte es, mir eine kleine Bisswunde am Arm zuzufügen, aber dennoch konnte ich ihn schließlich im Kampf besiegen.

Weiter ging es in Richtung der Ruine, denn ich musste ja noch Athelas finden. Dabei war ich wohl unvorsichtig geworden, denn plötzlich fiel mich ein besonders großer Wolf von hinten an. Ich hatte kaum Gelegenheit, ihn mir vom Leib zu halten, seinen scharfen Zähnen auszuweichen, um meinen Streitkolben zu zücken. Weglaufen konnte ich nicht mehr, das Tier holte mich mit Leichtigkeit wieder ein, schlug seine Pfote in meine Kleider und kratzte mir mit seinen Krallen die Haut auf. Da besann ich mich auf den gelernten Schrei. Ich schrie aus Leibeskräften, mit aller Grimmigkeit, die ich nur aufbieten konnte. Das schlug meinen Feind zurück und gab mir die Gelegenheit für den tödlichen Schlag. Uff! Das war knapp. Von da an ging ich vorsichtiger zur Sache.



So erreichte ich die Ruine "Bronwes Torheit". Was mag dies wohl gewesen sein? Ein Tempel? Eine Palastanlage? Wer hat es erbaut, und welche Gewalt hat es zerstört? Eigentlich schade, dass wir Hobbits so wenig über die Vergangenheit wissen. Wir haben viele Jahrhunderte hindurch in Frieden in unserer kleinen Welt gelebt und waren damit zufrieden, genug zu essen zu haben, gutes Bier zu trinken und Blatt in der Pfeife zu rauchen. Um viel mehr haben wir uns nicht gekümmert. Na ja, es ist doch auch schön, wenn man sein Leben einfach genießen kann.

Doch immer deutlicher wird mir bewusst, dass diese friedliche Zeit nun vorüber ist. Wölfe, Schwarzwolds, schwarze Reiter - was wird noch alles kommen? Werden wir die Gefahren bestehen können?

Es war ganz leicht, bei der Ruine genügend Königskraut für Celandine zu finden. Mit mehreren Fellen und anderen Trophäen machte ich mich auf den Rückweg nach Archet.

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